Der erste männliche Kita-Chef

Pierre Hentschel kennt Einrichtung in Eulersdorf aus eigener Kindheit / 32-Jährige schon seit über zwei Jahren dort tätig

Pierre Hentschel

EULERSDORF (lb). Der „Chefsessel“ und die Leitungsfunktion sind übergeben: Ab Dienstag steht Pierre Hentschel dem „Kindergarten Tabaluga“ in Eulersdorf als neuer Verantwortlicher mit mehreren Besonderheiten voran.

Zum einen ist er der erste Mann, der im Gründchen und im Umland vom Altkreis Alsfeld eine Kindertagesstätte leitet. Zum anderen kennt der gebürtige Reimenröder die Einrichtung und seine Vorgängerin bereits aus seiner eigenen Kindheit. Die Redewendung „man sieht sich immer zwei Mal im Leben. Es ist nur eine Frage der Zeit“ begleitet das Gespräch unserer Zeitung mit dem 32-jährigen studierten Sozialarbeiter und seiner einstigen Erzieherin, Wegbereiterin und heutigen Vorgängerin Liane Frantz.

Schnell kristallisiert sich heraus, dass im Kindergarten der Leitungswechsel sicherlich nicht Knall auf Fall wahrnehmbar sein wird. Bereits vor zweieinhalb Jahren legten die Stadt Grebenau als Träger der Einrichtung und Frantz den Grundstein zur Staffelübergabe. Seither nämlich gehört Hentschel schon zum Kita-Team und lernt die Arbeit und Verantwortlichkeit für das gesamte Gefüge im Detail näher kennen.

Mit Leib und Seele sind beide Erziehungsexperten bei der Sache, lächeln über alte Kindheitserinnerungen des neuen „Kindergarten-Daddys“ in seinem einstigen Lieblingskindergarten. „Schon vom ersten Tag an ging ich unheimlich gerne in den Kindergarten und auch die Freunde waren fix gefunden“, weiß Hentschel von den Erzählungen seiner Mutter.

Seine erste Berufsorientierung führte den heimatverbundenen Reimenröder mit heutiger Wahlheimat Schlitz nach der Mittleren Reife zunächst zu einer Ausbildung als Steuerfachangestellter. Danach als Zivildienstleistender im sozialen Bereich in einer Einrichtung für Menschen mit Einschränkungen und der Möglichkeit zur Eingliederung in ein Arbeitsleben. Der Gedanke, nach dem Zivildienst im fortlaufenden Berufsleben erneut in einem stillen Büro sitzen zu müssen, um Zahlen zu wälzen und Bilanzen zu erstellen, schreckte Hentschel geradezu von seinem Erstberuf ab.

„Wenn du etwas bewegen willst, mache weiter“, sah eine Sozialarbeiterin der Behinderten-Werkstatt hingegen seine Fähigkeiten im sozialen Bereich und ermutigte ihn, an seinen Soft Skills und Befähigungen anzuknüpfen. Er nahm den Wink dankend an, machte sein Fachabitur, absolvierte in Schwalmstadt eine Ausbildung zum staatlich anerkannten Erzieher, schloss in Fulda ein Studium im Bereich der sozialen Arbeit an und sammelte parallel dessen in verschiedenen Sozialbereichen mit behinderten und psychisch kranken Menschen, aber auch an einer Grundschule im hiesigen Kreisgebiet Erfahrungen für seine Berufung zum Pädagogen.

Ein Hinweis über eine freie Erzieherstelle im Kindergarten Tabaluga führte Hentschel schließlich zurück ins Gründchen und er kam an. „Der Tag kann noch so schlecht sein. Hier gibt’s immer ein Lächeln, das gibt unheimlich viel Auftrieb. Und am Ende sieht man sogar seinen Einsatz und seine Arbeit in den Kindern aufgehen und wachsen“, freut sich Hentschel über das facettenreiche, pulsierende Leben um ihn herum wie in einer Großfamilie. „Ob Sorgen, Ängste, Nöte, Freude und Leid – jedes einzelne Kind bringt seine Lebensgeschichte mit. Es wird ein Stück weit zu einem Teil von einem selbst und gibt die Kraft, als Wegbegleiter für und mit den Kindern, den Eltern und Familien nach vorne zu blicken in die Zukunft. „Und wenn dann wiederum nach Jahren die Kinder der Kinder kommen, scheint man doch einiges richtig gemacht zu machen“, haben Hentschel und Frantz bereits zahlreiche Rückmeldungen bekommen.

Rückhalt vorhanden

Wird sich durch den offiziellen Wechsel auch organisatorisch, personell oder vielleicht in der Pädagogik etwas verändern? „Liane Frantz bleibt uns und mir glücklicherweise noch erhalten. Und das ist für mich gerade ein schönes Gefühl von Rückhalt und Sicherheit“, sagt Hentschel offen. Obgleich sie die Übergabe der Leitungsfunktion schon länger vorbereiten, werde ihm die Tragweite der Aufgaben und Position erst allmählich bewusst. Je größer die Mannschaft, desto mehr Bedarf forderten unweigerlich auch das Miteinander.

Quelle: Oberhessische Zeitung

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