Grebenau hat bald das erste flächendeckende Glasfasernetz
Gerbenaus Bürgermeister Lars Wicke im Interview über die digitale Infrastruktur, den fortschreitenden Ikek-Prozess und die frühzeitige Vergabe aktueller Baumaßnahmen.
GREBENAU - Mit der Besonderheit in Kürze das erste flächendeckende Glasfasernetz innerhalb der hessischen Kommunen zu haben, kann Grebenaus Bürgermeister Lars Wicke (Freie Wähler) im Interview aufwarten. Die finanziellen Auswirkungen der globalen Krise auf die Stadt bewertet er noch zurückhaltend, berichtet aber, dass die Auftragsvergaben für die beiden größten Infrastrukturprojekte "Baugebiet Grabborn" und "Ortsdurchfahrt der Straße am Berg" noch vor der Kostenexplosion stattgefunden haben.
Durch die Energiekrise sind die Preise explodiert. Wie geht die Kommune damit um? Wo wird versucht, Energie einzusparen, und gibt es Bestrebungen kommunale Liegenschaften mit erneuerbaren Energien für den Eigenbetrieb auszustatten?
Ich kann es nicht mehr hören - so der Tenor in Sachen Energiepreisexplosion der mir in vielen Gesprächen entgegenschlägt. Aber Spaß bei Seite, wie jeder private Haushalt und jedes Unternehmen muss auch die Stadt deutlich höhere Energiekosten verkraften. Was das im Einzelnen wirklich ausmacht, kann aktuell nur grob geschätzt werden. Bezahlen müssen wir - wir alle - am Ende diese Zeche. Nach meinem Amtsantritt wurden an der Kläranlage in Wallersdorf und an der Johanniterhalle in Grebenau insgesamt vier Photovoltaikanlagen installiert. In der Johanniterhalle und im Rathaus wurde 2021/2022 zudem LED-Beleuchtung installiert und in der Kläranlage die Belüftungstechnik erneuert. Insgesamt konnte der Energiebedarf in beiden Liegenschaften damit massiv reduziert werden. Weitere Maßnahmen sind nach ihrer Sinnhaftigkeit und Wirtschaftlichkeit umzusetzen. Auf die durch die Ovag im gesamten Versorgungsgebiet vorgenommene Umstellung der Straßenbeleuchtung auf LED in den Jahren um 2012 wurde ja bereits mehrfach eingegangen.
Welche finanziellen Herausforderungen kommen auf die Kommunen durch gestiegene Energiekosten und Inflation zu? Dies hat auch Auswirkungen auf die heimischen Betriebe, rechnen Sie mit einem Einbruch der Gewerbesteuereinnahmen?
Die Gewerbesteuer ist seit jeher eine der wichtigsten kommunalen Einnahmen. Ein florierendes Gewerbe hilft daher der Stadt Grebenau immens bei der Erfüllung ihrer Aufgaben. Es liegt allerdings in der Natur dieser Steuer, dass sie starken Schwankungen unterworfen ist, teilweise zeitverzögert. Da die Gewerbesteuer in Grebenau von vielen, auch kleinen, Gewerbebetrieben bezahlt wird, sind vage Hochrechnungen und Annahmen nicht wirklich zielführend.
Durch den Krieg in der Ukraine mussten sämtliche Kommunen Notunterkünfte schaffen. Inwiefern beschäftigt Grebenau das Thema auch noch jetzt? Wo drückt der Schuh, und wie viele Kapazitäten binden diese?
Als Stadt Grebenau haben wir die uns zugewiesenen Flüchtlinge in der Pilgerherberg in Schwarz untergebracht. Die Unterbringung ist für die Betroffenen sicher deutlich angenehmer als in einem Dorfgemeinschaftshaus, oder in einer Turnhalle zu leben. Den bereits angemeldeten Pilgern mussten wir absagen, haben dafür aber Verständnis erfahren. Bisher konnten wir im Gründchen die direkten Belastungen im Zusammenhang mit der Ukraine-Krise stemmen.
Die Corona-Pandemie scheint überwunden, zumindest das Alltagsleben ist komplett zurück. Ist hier weiterhin mit Auswirkungen auf den Haushalt zu rechnen?
Auch in diesem Haushaltsjahr gab es corona-spezifische Ausgaben, die den Haushalt nicht positiv beeinflussen. Trotzdem sollten diese Ausgaben insgesamt zu verkraften sein.
Wie läuft das Ikek an? Gibt es viele Anträge und Vorschläge von Bürgern?
Die Erstellung des Integrierten Kommunalen Entwicklungskonzeptes (Ikek) hat wunderbar funktioniert. Die Beteiligung der Bevölkerung konnte trotz Corona erfolgen, zum Teil auch mit neuen Kommunikationsformaten, die sicher auch von anderen Förderschwerpunkten übernommen werden. Das durch die Bevölkerung und die Steuerungsgruppe erarbeitete Konzept wurde durch die Stadtverordnetenversammlung und die Wirtschafts- und Infrastrukturbank genehmigt, und erste Bewilligungsbescheide wurden übergeben. Jetzt geht es um die Ausschreibung der "Verfahrensbegleitung" und des "Dorfentwicklungsplaners", dies wird gerade in der Verwaltung erstellt. Danach kann es hoffentlich bald mit der Umsetzung der einzelnen, auch privaten, Projekten losgehen.
Wie ist der aktuelle Stand des Glasfaserausbaus in der Stadt Grebenau?
Der Glasfaserausbau durch die TNG schreitet kontinuierlich voran. Täglich gehen weitere Anschlüsse online, die Erdarbeiten sind nahezu abgeschlossen. Die Wiederherstellung der Oberflächen schreitet voran. Wir können aktuell von einer Anschlussquote von 85 Prozent der Haushalte ausgehen (gefordert waren 40 Prozent, im Aktionszeitraum erreicht 62 Prozent). Nach Abschluss dieser Arbeiten wird Grebenau die erste Kommune in Hessen mit einem flächendeckenden Glasfasernetz sein. Darauf können wir zurecht stolz sein, und ich danke allen, die zu diesem Erfolg beigetragen haben.
Die Stadt hat in ihrem Haushalt im Vergleich zu den vergangenen Jahren ungewöhnlich hohe Investitionen vor allem in Sachen Infrastruktur. Drohen die angedachten Kosten aufgrund der Preisentwicklungen aus dem Ruder zu laufen, sodass vielleicht das ein oder andere Projekt doch noch aufgeschoben werden muss?
Die beiden großen Maßnahmen "Baugebiet Grabborn" und "Ortsdurchfahrt der Straße am Berg" konnten frühzeitig vergeben werden, sodass die Vergabepreise (wieder einmal) innerhalb der Kostenschätzungen geblieben sind. Dies war auch bei den vergangenen großen Bauprojekten so (Ortsdurchfahrten Wallersdorf, Udenhausen, Bieben). Hier unterschiedet sich die Stadt Grebenau von anderen öffentlichen Auftraggebern.
Ist es Ihnen gelungen, den Urlaub zu genießen? Wie haben Sie den Sommer erlebt?
Ganz abschalten tue ich selten, aber die Woche mit meiner Familie an der holsteinischen Ostseeküste war schon sehr nah dran.
In diesem Sommer waren wir gleich zweimal Gastgeber von großen Radsportveranstaltungen. Die Tour der Hoffnung machte Station in Grebenau, um Spenden für krebskranke Kinder zu sammeln und die Deutschland Tour führte die internationale Radsportelite ins Gründchen. Beide Veranstaltungen konnten nur durch viele Ehrenamtliche durchgeführt werden. Hier haben wir gemeinsam Gutes getan. Danke dafür.
SOMMERINTERVIEWS
Über mehrere Wochen haben wir alle Bürgermeister im Altkreis Alsfeld zu Wort kommen lassen. Alle bekamen die gleichen Fragen über die Auswirkungen der weltpolitischen Lage für ihre Kommune. Außerdem wurden sie über aktuelle Themen in der Kommune befragt. Mit Lars Wicke mittlerweile im Frühherbst hat die Reihe nun ihren Abschluss gefunden.