Modernes, aber nostalgisches Gefährt
Einzigartige E-Kutsche auf Lutherweg unterwegs / Am Samstag rollt sie von Grünberg über Mücke und Romrod nach Grebenau
ROMROD/GREBENAU (red). Im Mai dieses Jahres stand Luthers Reise von Wittenberg nach Worms vor 500 Jahren im Fokus der Öffentlichkeit. Ein Luther-Team aus Bad Liebenstein begibt sich nun 500 Jahre später auf Luthers Spuren von Worms über Eisenach bis zum Ort der Gefangennahme im thüringischen Steinbach in einer zeitgemäßen Inszenierung mit der Bad Liebensteiner Elektro-Kutsche. Dazu ist die Pilgergruppe auf dem Lutherweg 1521 von Worms aus am vergangenen Montag gestartet. Auf dem Weg nach ins 225 Kilometer entfernte Steinbach steht am kommenden Samstag, 4. September, die Etappe von Grünberg nach Grebenau auf dem Programm.
Zwischenstopps sind in Ober-Ohmen an der Kirche, in Romrod auf der Brücke am Museum, in Grebenau und an der Burg Herzberg. Übernachtet wird in Grünberg und Grebenau. In Romrod, dem „Geburtsort“ des Lutherwegs erwartet die Reisenden das Sommerabschlussfest mit genügend Speis und Trank, informiert der Vorsitzende des Vereins Lutherweg in Hessen, Bernd Rausch aus Romrod, in einer Pressemeldung.
Zum Lutherteam gehören der Steinbacher Initiator und Landtagsabgeordnete Marcus Malsch (CDU), der ehemalige Landrat des Landkreises Schmalkalden-Meiningen Ralf Luther (CDU) sowie Vertreter des Vereins „Lutherweg in Hessen“.
„Selbstverständlich gehen wir gut gerüstet auf die Reise“, sagt Marcus Malsch. „Zum Glück haben wir heute nicht die drohende Reichsacht im Gepäck, sondern kulinarische und handwerkliche Spezialitäten unserer Heimat. Doch wir reisen nicht nur als Thüringen-Botschafter. Ich freue mich auf spannende Begegnungen mit Partnern, Freunden und Fremden entlang des Weges und auf den Austausch über Vergangenes, Gegenwärtiges und Zukünftiges. Denn auch heute stehen wir wieder vor einer Zeitenwende. Klimawandel, Digitalisierung, neue Formen der Mobilität und verantwortungsvoller Konsum sind nur einige Themen, die Menschen heute bewegen. Ganz im Sinne Martin Luthers wollen wir unterwegs in persönlichen Gesprächen die Meinungen, Ideen, Sichtweisen, Gedanken und Thesen all jener aufsammeln, die uns geplant und spontan begegnen.“
Dazu will das Luther-Team unterwegs in vielen Gesprächen neue Thesen sammeln, welche die Sicht der Menschen auf die aktuellen Herausforderungen unserer Zeit widerspiegeln. Im Nachgang wird dann der Reisekoffer geöffnet, um über das Mitgebrachte zu diskutieren und die Ergebnisse aufzuarbeiten.
Symbolisch für den Charakter dieser Reise ist das gewählte klassisch-moderne Reisegefährt des Lutherteams: die Elektro-Kutsche. Seit 2020 ist sie für Stadtrundfahrten in Bad Liebenstein im Einsatz. Nun tritt sie ihre erste Langstreckenetappe an. Mit bis zu 25 Stundenkilometern bringt sie die Reisenden voran. Bei einer Akku-Reichweite von bis zu 120 Kilometern sollte sie die historischen Weg-Etappen gut meistern.
Auf der Tagesetappe von Grünberg nach Grebenau werden unter anderem in Mücke und Romrod Luthers-Spuren erkundet. Gegen 17.30 Uhr wird die Reisegruppe von Pfarrer Toralf Kretschmer und Bürgermeister Lars Wicke (Freie Wähler) in Grebenau erwartet.
HINTERGRUND DER E-KUTSCHEN-FAHRT
Im Mai dieses Jahres stand Luthers Reise von Wittenberg nach Worms vor 500 Jahren im Fokus der Öffentlichkeit. Sein standhafter Auftritt vor Kaiser Karl V. und dem versammelten Reichstag hat Weltgeschichte geschrieben. Doch was nach Luthers Abreise aus Worms folgte, ist ein nicht weniger beachtenswertes und aufsehenerregendes Drama unter Regie des Kurfürsten Friedrich des Weisen – mit weltverändernden Folgen. Am 4. Mai 1521 kommt Luther auf seiner Reise von Worms gen Wittenberg durch den Glasbachgrund in Steinbach bei Bad Liebenstein. Mit im Gepäck reist die Gewissheit, dass Kaiser Karl V. die Reichsacht über ihn verhängen wird. Sein Leben ist in höchster Gefahr. Da, mitten im Thüringer Wald, passiert es:
Bewaffnete Reiter „überfallen“ die Kutsche, „entführen“ Luther und bringen ihn über den Rennsteig heimlich auf die Wartburg bei Eisenach. In diesem Versteck, getarnt als Junker Jörg übersetzt Luther das Neue Testament in die deutsche Sprache.
Diesen Wendepunkt in der Geschichte Europas feiern wir 2021. Die meisten Veranstaltungen der Luther-Festwoche in Bad Liebenstein und Eisenach mit Märkten, Wanderungen, Konzerten und Theater sind Corona-bedingt um mehrere Monate beziehungsweise gleich um ein ganzes Jahr verschoben worden. Doch so wie sich Luther nicht beirren ließ, geben auch die heutigen Protagonisten nicht auf. Darum begibt sich nun ein Luther-Team auf Reisen: 225 Kilometer von Worms auf die Wartburg auf dem Lutherweg 1521. In den historischen Tagesetappen macht die kleine Reisegruppe an Orten Station, die auch schon der Reformator besucht hat. (red)
Quelle: Oberhessische Zeitung