Unzureichende Finanzausstattung
UDENHAUSEN - Einen Überschuss von rund 21 000 Euro im Ergebnishaushalt 2020 legte am Mittwochabend Grebenaus Bürgermeister Lars Wicke (Freie Wähler) den Stadtverordneten im Dorfgemeinschaftshaus in Udenhausen vor. "Die Steuersätze bleiben unverändert", betonte Wicke während der Vorstellung des Haushaltsplans, der im Anschluss an seine Rede einstimmig zur weiteren Beratung in den Haupt- und Finanzausschuss überwiesen wurde.
Obwohl der Rathauschef deutlich die positiven Vorzeichen aufgrund der anhaltenden stabilen wirtschaftlichen Situation in der Region, in Hessen und in der Bundesrepublik herausstellte - die für eine Verbesserung der Finanzkraft der Kommunen sorge und die Gesundung sowie Stabilisierung der öffentlichen Haushalte begünstige - sparte er nicht mit Kritik an der finanziellen Ausstattung der Kommunen durch das Land Hessen.
Als positiv hob er zunächst noch in einem kurzen Rück- und Ausblick Investitions- und Förderprogramme des Landes - für Grebenau habe das die komplette Sanierung von drei Ortsdurchfahrten ermöglicht - sowie die Hessenkasse und das Programm "Starke Heimat Hessen" als wohltuende Entlastung für zahlreiche Kommunen hervor. Demgegenüber stehe, dass der ländliche Raum vernachlässigt werde und die speziellen Anforderungen im Kommunalen Finanzausgleich (KFA) nur unzureichend bedacht würden. "Ein Grebenauer hat einen Wert von eins. Ein Frankfurter ist 1,30 Wert. Diese Situation untergräbt die Zukunftsfähigkeit für einen großen Teil der ländlichen Kommunen", führte der Rathauschef aus.
Es sei nicht gerecht, dass bei den Landeszuweisungen zwischen Stadt und Land keine Unterschiede gemacht würden, obwohl in dünn besiedelten Flächen mit langen Wegen, langen Leitungen für Wasser und Abwasser mit nur wenig Hausanschlüssen eine komplett andere Situation vorherrsche. Diesen ungerechten Zustand habe auch der Landesrechnungshof festgestellt. Ihm zu folge würden den Kommunen jährlich 43,60 Euro pro Einwohner fehlen. Obwohl der Landesrechnungshof eindeutig eine Unterfinanzierung festgestellt habe, die das Land durch den KFA ausgleichen müsse, komme das Land trotz mehrfacher Aufforderung seiner Verantwortung nicht nach.
Ähnliche verhalte sich das Land mit dem vor einigen Jahren selbst eingeführten Konnexitätsprinzip (die Verpflichtung einer staatlichen Ebene, für finanziellen Ausgleich zu sorgen, wenn sie Aufgaben an eine andere Ebene überträgt) und wende diese Regelung nicht an. Bestes Beispiel seien die Auswirkungen auf die Kommunen durch die Festsetzungen im Kinderförderungsgesetz. "Die zu Recht hohen Standards bei der Kinderbetreuung haben die Aufwendungen der Kommunen für den laufenden Betrieb innerhalb von wenigen Jahren verdoppelt", betonte Wicke. Seit er sein Amt vor fast genau sechs Jahren angetreten habe, habe sich die Zahl der Kinder in der Kita von 46 auf rund 70 erhöht mit einem hohen Anteil an betreuungsintensiven U-3-Kindern. "Hier hat das Land in der Vergangenheit massive Entlastungen für die Eltern getätigt. In einem für uns dringenden weiteren Schritt müssten nun die Kommunen bei den Betreuungskosten entlastet werde. Sonntagsreden und das Gute-Kita-Gesetz allein helfen dabei nicht", sagte Wicke.
Ein weiteres Beispiel sie die Kostenexplosion durch die Klärschlammverordnung. Das Land bürde den Kommunen hohe finanzielle Verpflichtungen auf und verpflichte sie gleichzeitig dazu im laufenden Betrieb ein Haushaltsdefizit zu vermeiden. "Auch beim Thema Straßenbeiträge wurd durch Wiesbaden aus Bequemlichkeit ein Fass geöffnet, das nur wir Kommunale auslöffeln sollen", kritisierte der Rathauschef.
Für das Gründchen bedeute das, mit einer bescheidenen Finanzausstattung eine hohe Wertschöpfung zu erzielen, um das Leben vor Ort weiterhin lebens- und liebenswert zu gestalten. "Dazu zähle ich den Erhalt und Ausbau der vorhandenen Infrastruktur, eine gute Betreuung in Kindergarten und Schule, attraktive Arbeitsplätze sowie die Siedlungsentwicklung", fasste er zusammen. Allerdings stünden höheren Schlüsselzuweisungen höhere Belastungen der Kreis- und Schulumlage entgegen. Während andere Landkreise ihre Umlagen senkten, müsse der Vogelsbergkreis diese erhöhen. Aufgrund des geringen Überschusses im Ergebnishaushalt könne die Stadt keine großen Sprünge machen und komme um eine Nettoneuverschuldung nicht herum. Die größte Investition von 825 000 Euro im Jahr 2020 gehe in die Wasserversorgung. Schwerpunkte der in die Jahre gekommenen Infrastruktur seien die Verbindungsleitungen, Tiefbrunnen- und Hochbehälter Grebenau, Hochbehälter Warthügel, Ergänzungen in die Fernwirktechnik sowie Wasserleitungsbau. Ebenso müsse in die Abwasserbeseitigungsanlagen investiert werden. Für die Instandhaltung seien hier 330 000 Euro eingeplant. Eine weitere Investition sei die Renaturierung der Bäche, die aktuell mit 95 Prozent gefördert werde. Daher empfahl Wicke, diese Maßnahme aufgrund der aktuellen Förderbedingungen anzugehen. Auf ausdrücklichen Wunsch der Stadtverordneten werde der Magistrat die Förderprogramme für Familien und Sportvereine fortgeschrieben. Die Gestaltung des Johannitervorplatzes und der Flächen am Kindergarten werde im Laufe des Jahres abgeschlossen. Außerdem sei der behindertengerechte Anbau an die alte Schule in Bieben ausgeschrieben und die Erweiterung des Feuerwehrhauses in Wallersdorf stehe bevor, fasste Wicke weitere Maßnahmen zusammen.
Quelle: Oberhessische Zeitung https://www.oberhessische-zeitung.de/lokales/vogelsbergkreis/grebenau/unzureichende-finanzausstattung_21143445